Was bedeuten die „17 Ziele für nachhaltige Entwicklung“?
Gute Vorsätze sind löblich. Und doch werden manche so rasch, wie sie formuliert sind, auch wieder verworfen. Kaum werden sie lästig, fallen sie auch schon unter den Tisch. Man kennt das! Dennoch: Bei dem Zielkatalog, den die Vereinten Nationen mit ihrer Resolution „Agenda 2030“ im September 2015 beschlossen haben, verhält es sich anders. Sehr anders!
Der Anlauf zur Formulierung der 17 Ziele beginnt im Jahr 1987. Unterm Titel „Our Common Future“ („Unsere gemeinsame Zukunft“) legt die „Weltkommission für Umwelt und Entwicklung“ (Brundtland-Kommission) den Vereinten Nationen ihren ersten Bericht vor. Er reflektiert, wie nahe die „planetaren Belastungsgrenzen“ herangerückt sind. Schon die nächste Welt-Konferenz in Rio, der „Erdgipfel“ von 1992 spricht klare Handlungsempfehlungen aus („Leitlinien für die Nachhaltige Entwicklung“). Sie münden ins Aktionsprogramm „Agenda 21“. 178 Staaten unterzeichnen die Agenda. Im Kern verpflichten sich darin die Industrieländer, ihre Energie-, Agrar- und Wirtschaftspolitik an Nachhaltigkeit auszurichten. Schwellen- und Entwicklungsländer dagegen wollen sich auf ländliche Entwicklung, auf den Aufbau von Infrastruktur und Armutsbekämpfung fokussieren. Klima, Bevölkerungspolitik, Bildung, Gesundheit, Wasser- und Sanitärversorgung, Abwasser- und Abfallbeseitigung sind ausdrücklich die Themen. Und tatsächlich bilden sich daraufhin weltweit „Lokale Agenda 21-Gruppen“.
Der Werkzeugkasten für die ‘Große Transformation’
Fast jede Ortsgemeinde gründet in den 1990er Jahren ihre eigene ‘LA-21’-Gruppe. Diese stoßen tatsächlich zusammen einen Transformationsprozess in Richtung Nachhaltigkeit an. Im Jahr 2000 wird dieser in die sog. „Milleniumsziele“ einmünden. Dieser lange Zeitraum hat der UN die nötige Erfahrung gebracht, um zu wissen, wo und warum es doch immer wieder an der gebotenen Nachhaltigkeit hapert. Schließlich wird sie 2015 mit dem Katalog der „17 Ziele für nachhaltige Entwicklung“, den Ländern der Welt den ultimativen Werkzeugkasten liefern können. Ziele für sich genommen, so heißt ihre zentrale Erkenntnis, lassen sich nicht isoliert, sondern nur thematisch übergreifend und gemeinsam erreichen!
Dieser Prozess der ‘Großen Transformation’ hat sich sozusagen dazu verurteilt, dieses Bündel der 17 Ziele auch ‘wirklich’ zu erreichen. Zieletappen sind die Jahre 2030 und 2050, in denen ein ein Wirtschaften innerhalb der Grenzen der Nachhaltigkeit ermöglicht sein soll. Zuletzt soll echte Klimaneutralität erreicht werden. Daher sind die 17 Ziele jeweils mit sehr handfesten „169 Unterzielen“ verknüpft. Deren reale Einlösung soll überprüfbar sein. Hierzu wiederum dienen „180 Indikatoren“, d.h. Messpunkte, Index-Zahlen, an denen sich festmacht, wo unter den 193 Unterzeichnerstaaten der Welt(!), reale Nachhaltigkeit erreicht ist und wo nicht. Denn alle(!) UN-Mitgliedsstaaten haben sich verpflichtet, „Nationale Nachhaltigkeitsstrategien“ zu erstellen und jährliche „Nachhaltigkeitsberichte“ zu pflegen und sie der UN zur wissenschaftlichen Auswertung zur Verfügung zu stellen.
Mit diesem Stand der Dinge verfangen Mogeleien und Schönreden nicht länger. Spätestens an den aussagekräftigen Nachhaltigkeitsberichten zerplatzen die bunten Sprechblasen. Nachhaltigkeit ist etwas, das ‚gelebt’ wird – oder eben nicht. Diese UN-„Indikatorenberichte“ bringen endlich Transparenz in die Sache. Sie beziehen sich auf harte Fakten und liefern klare Befunde in Plus und Minus! Sie zeigen so auch die wunden Punkte auf, an denen die politischen Hebel sinnvoll ansetzen können. Die „17 Ziele“, sie sind ein Durchbruch hin zu echter Weltpolitik!
Historisch erstmalig trägt dieser „Weltzukunftsvertrag“ der Erkenntnis Rechnung, dass nachhaltige Entwicklung nur statthaben kann innerhalb eines Transformationsprozesses „globalen Lernens“. Alle gesellschaftlichen Bereiche sind schließlich betroffen. Und alle sollen zu Wort kommen. Gerade auch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und den Belangen der Biosphäre soll Stimme verliehen sein, sodass neben den bekannten Akteuren – den nationalen Regierungen und globalen Handelskonzerne mit ihren Hinterzimmer-Lobbyisten –, erstmals als dritte, eigenständige Größe die Zivilgesellschaft erscheinen kann. Gleichauf neben die bekannten Entscheider (Eigentümer oder Anteilseigner, engl. shareholder) treten somit auch die von den deren Entscheidungen Betroffenen (engl. stakeholder) als gleichberechtigter, wenn nicht ausschlaggebender Faktor!
An den Grenzen angelangt
Die „SDGs“ („Sustainable Development Goals“), „Global Goals“ oder deutsch die „17 Ziele“, formulieren sehr konkret die Überlebensbedingungen, soll ein „gutes Leben“ im Jahr 2030 möglich sein und „Klimaneutralität“ bis spätestens 2050 erreicht sein. Vier von neun planetaren Grenzen sind definitiv überschritten. Deswegen gehen die 17 Ziele alle an! Zahllose UN-Organisationen und Begleitkampagnen bewerben sie (in Deutschland koordiniert durch das Kanzleramt und den „Rat für nachhaltige Entwicklung“. Ein eigener ‚Look’ ist dazu gefunden worden – wie das Rad mit 17 Farben und 17 Logos. Doch dahinter steht nicht etwa nur eine beliebige Grafik-Idee, sondern der ernste Versuch jene ‚17 globalen Problemfelder’, so wie sie real ‚vernetzt’ sind, sichtbar, verständlich und nachvollziehbar für jeden zu machen. Sie also einerseits ‚abzubilden’, zugleich aber auch in ‚17 Handlungsfelder’ zu überführen.
Soweit sich die 17 Felder zum ‚Kreis’ runden und selbst begrenzen, heißt das, ist Nachhaltigkeit erreicht, wo sie dagegen entgleisen, ersteht das Bild der überstrapazierten „ökologischen Belastungsgrenzen des Planeten“ mit seinen derzeit drei großen ‚Ausreißern’ – dem Artensterben, dem holpernden Phosphor– und Stickstoffkreislauf, der wiederum mit dem schleichenden Bodenverlust zusammenhängt und dann erst gefolgt wird vom Klimawandel. Jeder einzelne dieser Bereiche, wenn er weiter nicht-nachhaltig bleibt, ist allein bereits geeignet, die Lebensgrundlagen im Ganzen kollabieren zu lassen!
Fazit
Gegenüber ihren eher vage angesagten ‘Millenniumszielen’, sind die ‚17 Ziele’ sehr konkret gefasst und auf politisches Sofort-Handeln hin ausgerichtet. Denn eine Reihe beratender Institutionen geben Hilfestellung, Bildungsmaterialien stehen zur Verfügung, Großveranstaltungen halten den Zielkatalog im öffentlichen Bewusstsein präsent und auch die Wissenschaft versagt ihre Unterstützung nicht. Das ist nicht wenig! Und selbst wenn gelegentlich Kritik geäußert wird, wie z.B. von internationalen Hilfsorganisationen wie Misereor oder Brot für die Welt – vor allem, weil mit ‚nachhaltigem Wirtschaftswachstum’ (Ziel 8) oder „nachhaltigen Konsum- und Produktionsmustern“ (Ziel 12) die Existenzweisen der Subsistenz und Suffizienz (Selbstversorgung und Genügsamkeit) zu wenig berücksichtigt seien –, begrüßen auch sie das 17 Ziele-Werkzeug einhellig!
Der UN in erster Linie gebührt der Dank, wenn sie der Menschheit mit den 17 Zielen das Instrumentarium an die Hand gegeben hat, das in eine gute Zukunft führen kann. Sorgsamer, umfassender, akribischer als sich die Vereinten Nationen den vielfach miteinander verschränkten Weltproblemen annehmen, wird dies keiner anderen Organisation je möglich sein – und schon gar keinem noch so klugen Einzelnen. Politik und Wirtschaft, Religion und Gesellschaft, die Jungen und die Alten – alle auf allen Ebenen sind demnach aufgerufen, ‚Die 17, das sind wir!’ zu sagen und für ‚gutes Klima’ zu sorgen: Für ein friedliches Miteinander im Kleinen wie fürs Weltklima im Großen! – ‚Tu Du’s!’ – ‚Denke global und handle lokal!’
Hinweis:
Verschiedene Beiträge für unseren Spendenblog werden weiter aufs Thema Nachhaltigkeit und die 17 Ziele eingehen.
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